Der hohe
Wiedererkennungswert von Schlüsselbildern aus der Kunstgeschichte steigert in
der Vermarktung von Produkten
durch solche „Veredelung“ den Umsatz. Das Kunstwerk welches als Sujet für
Luxuslabels benutzt wird suggeriert den Flair des alten Geldes. Möglicherweise
soll es den Konsumenten grob einige der wichtigsten Bildungspfeiler vermitteln,
die Kinder einer Elite nebenbei mitgegeben bekommen haben oder die
intellektuelle Elite sich erarbeitet hat. Vielleicht ist es ein Pass zu
tafelfertiger Schein-Zugehörigkeit dieser oder jener Art - an sich ist es ja
auch gut, dass man heutzutage seine Persona gewählter meißeln darf. Schön ist
es dennoch, dass Alex Ruthner die aus der Kunstgeschichte stammenden Referenzen
aus dem sinnentleerten Grab der auf das Visuelle reduzierten Zeichenerkennung hebt.
Das von der Konsumindustrie prozessierte, mit dem Produkt angereicherte Motiv wird
hier wirklich belebt. Die Kennzeichen, die Louis Vuitton um für eine Tasche zu
werben von den Prä-Raphaeliten stibitzt hat, fängt Ruthner wiederholt auf und
verwandelt Vuitton’s Kopien in Simulacra. Die für unsere Zeit relevante
Reflektion über den Umgang mit kulturgeschichtlichem Erbe, dem Bedürfnis nach
augenblicklicher Anerkennung und sogar darüber, wie Medien den
Bildfindungsprozess eines zeitgenössischen Künstlers häufig beeinflussen, kann
man in Ruthner’s Werken erkennen. Man ist beinahe schon gezwungen daran zu
denken, wie der Anspruch auf sofortige Befriedigung den heutigen Kunstmarkt
geformt hat. Auch Film nutzt Ruthner als Pool. Das Fleischwerden der
prä-raphaelitischen Blonden in der Kampagne als auch das Mozart’s in Milos
Forman’s Amadeus wird in Ruthner’s Händen wieder zu Öl. Die Auffassung der
Vergangenheit durch die Linse der neueren Medien, eingefangen in einem traditionellen
Medium erfrischt eben dieses Medium selbst. In Ruthner’s Bildern ist die Geste
der Malerei immer sichtbar, und wirft gleichzeitig die alte Frage auf,
besonders durch die Quellen seiner Motive: wie kann man je malerisch gerecht
werden? Und weiter: können neue Medien eine dem Gemälde würdige Hommage hervorbringen?
Kann man Gesten darstellen? Auch den Hintergrund, das Grün auf dem die Blonde ruht,
ist fester Bestandteil seiner Bilder. Untersucht man die Wiesen gründlicher,
finden sich in ihnen Beweise rücksichtsloser menschlicher Anwesenheit, man ahnt
so etwas wie ein kürzlich stattgefundenes Festival, Zigarettenstummel, Pillen -
die dämonisierten, verdrängten Anteile von Subkulturen, oder auch Pilze, eine weitere
Anspielung auf Drogenkonsum. Dennoch, irgendwie beruhigend: das Unheimliche,
das der Idylle anhaftet, wird via Beschmutzung durch Artgenossen gebrochen. Manchmal
kreiert Ruthner diesen Bruch nicht durch das Inkorporieren von Objekten in die
Wiese, sondern indem er sie mit einer weiteren Ebene übermalt. Comicelemente wie Micky Maus’ Köpfe sind
mehreren Generationen sehr bekannt, das manisch anmutende an ihnen erinnert an
einen eigentlich gut begonnenen Horror Trip, der das unterschwellig Bedrohliche
überdeckt. Man weiß nicht, wohin man sich flüchten soll: in das Überdrehte,
Laute, aber Vertraute oder lieber in den stillen, beunruhigenden, fremden
Hintergrund. Aus den heute sehr gebräuchlichen Worten in einem der Bilder, sticht
eines hervor – Neolith. Ruthner vermutet vielleicht den ausschlaggebenden
Wendepunkt menschlicher Evolution, oder aber sieht eine derzeit rückläufige
Entwicklung. Wie auch immer, er bewerkstelligt, dass man Malerei mit neuen
Augen betrachtet.
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