Thursday 30 June 2016

Alex Ruthner, Helmuts Art Club, Exhibition text, Vienna, June 2016


Der hohe Wiedererkennungswert von Schlüsselbildern aus der Kunstgeschichte steigert in der Vermarktung  von Produkten durch solche „Veredelung“ den Umsatz. Das Kunstwerk welches als Sujet für Luxuslabels benutzt wird suggeriert den Flair des alten Geldes. Möglicherweise soll es den Konsumenten grob einige der wichtigsten Bildungspfeiler vermitteln, die Kinder einer Elite nebenbei mitgegeben bekommen haben oder die intellektuelle Elite sich erarbeitet hat. Vielleicht ist es ein Pass zu tafelfertiger Schein-Zugehörigkeit dieser oder jener Art - an sich ist es ja auch gut, dass man heutzutage seine Persona gewählter meißeln darf. Schön ist es dennoch, dass Alex Ruthner die aus der Kunstgeschichte stammenden Referenzen aus dem sinnentleerten Grab der auf das Visuelle reduzierten Zeichenerkennung hebt. Das von der Konsumindustrie prozessierte, mit dem Produkt angereicherte Motiv wird hier wirklich belebt. Die Kennzeichen, die Louis Vuitton um für eine Tasche zu werben von den Prä-Raphaeliten stibitzt hat, fängt Ruthner wiederholt auf und verwandelt Vuitton’s Kopien in Simulacra. Die für unsere Zeit relevante Reflektion über den Umgang mit kulturgeschichtlichem Erbe, dem Bedürfnis nach augenblicklicher Anerkennung und sogar darüber, wie Medien den Bildfindungsprozess eines zeitgenössischen Künstlers häufig beeinflussen, kann man in Ruthner’s Werken erkennen. Man ist beinahe schon gezwungen daran zu denken, wie der Anspruch auf sofortige Befriedigung den heutigen Kunstmarkt geformt hat. Auch Film nutzt Ruthner als Pool. Das Fleischwerden der prä-raphaelitischen Blonden in der Kampagne als auch das Mozart’s in Milos Forman’s Amadeus wird in Ruthner’s Händen wieder zu Öl. Die Auffassung der Vergangenheit durch die Linse der neueren Medien, eingefangen in einem traditionellen Medium erfrischt eben dieses Medium selbst. In Ruthner’s Bildern ist die Geste der Malerei immer sichtbar, und wirft gleichzeitig die alte Frage auf, besonders durch die Quellen seiner Motive: wie kann man je malerisch gerecht werden? Und weiter: können neue Medien eine dem Gemälde würdige Hommage hervorbringen? Kann man Gesten darstellen? Auch den Hintergrund, das Grün auf dem die Blonde ruht, ist fester Bestandteil seiner Bilder. Untersucht man die Wiesen gründlicher, finden sich in ihnen Beweise rücksichtsloser menschlicher Anwesenheit, man ahnt so etwas wie ein kürzlich stattgefundenes Festival, Zigarettenstummel, Pillen - die dämonisierten, verdrängten Anteile von Subkulturen, oder auch Pilze, eine weitere Anspielung auf Drogenkonsum. Dennoch, irgendwie beruhigend: das Unheimliche, das der Idylle anhaftet, wird via Beschmutzung durch Artgenossen gebrochen. Manchmal kreiert Ruthner diesen Bruch nicht durch das Inkorporieren von Objekten in die Wiese, sondern indem er sie mit einer weiteren Ebene übermalt.  Comicelemente wie Micky Maus’ Köpfe sind mehreren Generationen sehr bekannt, das manisch anmutende an ihnen erinnert an einen eigentlich gut begonnenen Horror Trip, der das unterschwellig Bedrohliche überdeckt. Man weiß nicht, wohin man sich flüchten soll: in das Überdrehte, Laute, aber Vertraute oder lieber in den stillen, beunruhigenden, fremden Hintergrund. Aus den heute sehr gebräuchlichen Worten in einem der Bilder, sticht eines hervor – Neolith. Ruthner vermutet vielleicht den ausschlaggebenden Wendepunkt menschlicher Evolution, oder aber sieht eine derzeit rückläufige Entwicklung. Wie auch immer, er bewerkstelligt, dass man Malerei mit neuen Augen betrachtet.

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